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Alexander Lernet-Holenia
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Leseprobe aus der Elegie Germanien (1946) von Alexander Lernet-Holenia

Germania - Ofyzina Wydawnizca ATUT 2012

GERMANIEN
(Auszug)

Wenn Weihrauch nur auf Gräbern wehe, nur
aus Grüften, nur um Aschenkrüge; wenn
nur vom Altar, der Totes in sich schließt
- des Helden Moder, der Erwählten Staub - ,
die Flamme lohe; wenn nur, wo schon längst
geopfert ward, geopfert werde, um
wie vieles mehr, gewaltiger Altar,
Germanien, erschlagner Heere Gruft,
zerstörter Städte Mal, verstummtes Land
der Toten, ungeheures Grab, auf dir!

Schwieg auch der Höchste Hirte, rechtswärts in
den Thron gelehnt, den Mensch und Löwe, Stier
und Adler trägt, die Linke südwärts nach
Gewittern ausgestreckt, den Mund aus Erz
verschlossen von der Wucht der Worte, von
des Bannes ungeheurer Last, so traf
dich doch, dem nicht erschollnen Donner Roms
vorauf, der nicht geschleuderte, der Strahl:
Das Reich, das einst die Welt war, sei verflucht!
Der Adler Glanz erblinde zum Gespött,
zur Wut des Pöbels wandle sich die Macht
der Könige, das Land zum Aufenthalt
des wüsten Roßvolks und des Wagenvolks!
Im Heiligtum erlösche jedes Licht,
es liege jede Leiche unverscharrt,
es wandle sich kein Gott in Brot und Wein!
Im Schoß des Weibes faule jede Frucht,
im Leib der Tiere, in der Felder Schoß,
es dorre jeder Wald...

Das Erste Reich
vergeudete sich selbst. Das Zweite fiel,
weil es auf sich vergaß. Das Dritte Reich
verzehrte sich vor Habgier, preßte bei,
schob alle Schuld auf andre, raffte, trog,
verhehlte das Erraffte, schändete
den Raub noch, fälschte Trank und Speise, Blut
und Adel, Ruhm und Ehre, selbst den Tod.
Was dir gefiel, auch das Verwerflichste,
Verächtlichste, war trefflich, - was mißfiel,
und sei's das Edelste gewesen, war
Verbrechen. Deine Großen haben nichts
getan, was nicht Betrug, die Feldherrn, was
nicht Schande, deine Helden, was nicht Mord
gewesen wäre... Glaubst du, daß dich nun
ein Stärkerer geschlagen? Niemand war
so stark wie du! Die eignen Elenden
frohlocken über dich. So arm ist nichts,
daß nicht ein elenderer Abschaum noch
die Leiche plünderte. Der Pöbel speit
dem Volk, das Pöbel ward, ins Antlitz.

[...]