Rüdiger Görner zu Lernet-Holenia (1999)
Ansprache zur Eröffnung des Alexander Lernet-Holenia Parks in Wien (1999)
Gibt es Sinnigeres, als einer Anlage den Namen eines Dichters zu geben. Denn schafft nicht auch er Gedicht um Gedicht, Prosa um Prosa, Stück um Stück kleinere oder größere Wort-Landschaften, Seelen-Oasen im Betonzeitalter.
Lesend ergeht man sich im Text; dem Namen nachsinnend, nach dem diese Anlage nun benannt ist, nachsinnend, mag man hier etwas Erholung finden. Vielleicht gar holt man sich dadurch etwas von dem zurück, wofür dieser Name, Alexander Lernet-Holenia steht. "Recreation grounds", sagt man im Englischen zu solchen Anlagen (auch wenn man sie dort nie nach Dichtern benennt), Orte der Selbstwiederherstellung.
Dieser Name, sein Name läßt uns innehalten: Lernet-Holenia. Erinnert er uns doch an eine andere, nicht unbedingt besser gewesene Welt. Er steht für Zivilcourage, für Querdenken, Eigensinn, vor allem aber: für eine unverwechselbare Persönlichkeit, die in der Literatur, aber auch im öffentlichen Einspruch die ihr gemäße Sprache fand.
Parks, städtische Idyllen kommen im Werk Lernet-Holenia selten vor. Ich greife eine solche Stelle heraus. In seinem Gedicht "Das Land" aus dem 1946 erschienenen Zyklus "Die Trophäe", heißt es: "Viel sind der Blüten zusammengeweht und welken auf den Wegen/des Gartens. Und der Regen weint im Laube".
Als diese Zeilen geschrieben wurden, klangen sie unzeitgemäß. Heute nicht minder. Aber das Wahre spricht sich darin ganz still aus.
Wir tun gut daran, dieses Grün nach Lernet-Holenia zu benennen, auf daß die Erinnerung an ihn, den wichtigen Unbequemen, wachse. Uns zur Mahnung, nicht nur an diesem Ort, quer zum Trend zu denken.
Wien, 24.09.1999